Pesthellchen Mömbris

Erinnerungsorte

Geschichte sichtbar machen, an Orten und Plätzen die Geschichte geschrieben haben.

All' diese Orte erzählen Geschichten, die wir gemeinsam aufbereiten und erhalten möchten. Erreichbar am Ort des Geschehens...

Die Inschrift im Türsturz des kleinen Fachwerkgebäudes, Ecke Hauptstraße / Rote Hohle, weißt auf das Erbauungsjahr 1619 hin. Somit ist das „Hellche-Heische“ wahrscheinlich das älteste Gebäude von Mömbris. 

Das Christusmonogramm IHS – Jesus Homium Salvator (Jesus Retter der Menschen) sowie der Hinweis auf die Patronin, die heilige Anna, Mutter Marias, finden sich ebenfalls, genauso wie die Initialen der Stifter und Erbauer des Kapellchens im Türsturz. 

Das Altarbild im Innern des Kapellchens, ein Wandgemälde, zeigt die heilige Anna, die Gottesmutter Maria und das Jesuskind in ihrer Mitte.

Es gab immer wieder Menschen, die sich um die Erhaltung des Kapellchens gekümmert haben. So ist heute, nach 400 Jahren, das Pesthellchen immer noch Haltestation der Karfreitags- und der Fronleichnamsprozession. 

Das Baujahr 1619 weist auf eine Zeit hin, in der auch der Kahlgrund nicht mehr von der seit Ende 1604 über Frankfurt, Hanau und Hörstein auftretenden Beulenpest verschont blieb. In mehreren auftretenden Pestwellen wurde die Bevölkerung sehr stark dezimiert. Der Bezug der Kapelle zur Pest hat wahrscheinlich hier seinen Ursprung. Die heilige Anna, die als Schutzherrin gegen Aussatz und Pest bekannt und bestätigt ist (26) ist ebenfalls ein starkes Indiz für diese Vermutung.1

Ein weiteres Pesthellchen finden Sie in Strötzbach. (Link!!!!!!)

Die Stifter und Erbauer

Wahrscheinlich war der Kapellenbau ein Gemeinschaftsprojekt der Mömbriser Ortsbürger, weil die Errichtung recht teuer gewesen sein dürfte und von fachkundiger Hand ausgeführt wurde. Die Untertanenliste der Dorfes Mömbris von 1619 und der Pfarrei Mömbris von 1625 legt diese Vermutung nahe. Die Kürzel HR lassen sich allerdings nicht zuordnen.

MonogrammName der Untertanen
SKStoffel Kaltwasser
HLHanß Laub
HKHartmann Kaltwasser
ARAdam Reising
KMKonrad Meißner
Quelle: Klaus Schwarzkopf „Unser Kahlgrund 2020“, S.23

Das Wandgemälde im Pesthellchen

1932 wurde das Pesthellchen aufwendig saniert und das verputzte Fachwerk wieder freigelegt. Auch das Altarbild, ein Wandgemälde des Kunstmalers Alois Bergmann-Frank aus Glattbach, im Auftrag von Ivo Fischer, stammt aus diesem Jahr. Es zeigt die heilige „Anna Selbdritt“, die Gottesmutter Maria und das Jesuskind in ihrer Mitte.

Wo die Figuren heute sind, welche sich ursprünglich in der Kapelle befanden, ist leider nicht bekannt. Unter anderem soll es sich um drei wertvolle Alabasterfiguren handeln, angeblich aus der Zeit Ende des 17. Jahrhundert: St. Anna, St. Joachim und St. Apollonia.2

Ivo Fischer (*25.12.1881 – 28.04.1937) war Domkapitular in Würzburg. Anlässlich seines 25. Priesterjubiläums finanzierte er die Renovierung des „Hellche-Heische“ in seiner Heimatgemeinde Mömbris sowie die Anfertigung des Wandgemäldes.

Der Jesuitenpater Ivo Zeiger (*29.07.1898 – 24.12.1952), sein Neffe, weihte das Kapellchen am 24. Juli 1932 ein. Ivo Fischer war sein Taufpate und Bruder seiner Mutter.3

Heilige Anna4

Die Heilige Anna ist die Mutter Marias. Ihr Festtag ist der  26. Juli.

Der Legende nach wird Anna wird als Tochter von Emerentia geboren und soll dem Stamm Levi angehören. Ein Engel weist Anna an, zur goldenen Pforte zu kommen, einem Stadttor von Jerusalem, wo sie ihren Mann treffen soll. Dort begegnet sie Joachim, den sie später heiratet. Lange Zeit blieben die beiden kinderlos. Schließlich verlässt Joachim Anna und lebt in der Wüste. Beiden erscheint ein Engel und sagt ihnen die Geburt einer Tochter voraus. Joachim kehrt zurück nach Jerusalem und begegnet Anna wieder unter der goldenen Pforte. Und endlich wird ihnen eine Tochter geboren, Maria, die Mutter Jesu.

Patronat

Anna kommt als Mutter der “Gottesmutter Maria” eine besondere Stellung zu. Sie ist Patronin der werdenden Mütter, der kinderlosen Frauen, der Witwen, der Pestkranken und vieler weiterer Personengruppen in Notlagen.

In der Kunst wird sie häufig in einem roten Kleid mit grünem Mantel, Kopftuch oder Haube dargestellt. Ihre Attribute sind ein Buch (Altes Testament), ein Lilienstengel oder das Marienkind auf dem Schoß. EIn berühmter Darstellungstypus ist die sog. “Anna Selbdritt”: Anna, die  Maria und Jesus auf dem Schoß hat.

Aberglaube

Schwangere Frauen tragen einen Anna-Zettel auf der Brust

„Anna -Wasser“ als Heilmittel gegen Fieber, Kopf-, Brust- und Bauchweh, Augenkrankheiten 

Text: Maria Frisch

Quellen: 1 Klaus Schwarzkopf „Unser Kahlgrund 2020“, S.18-26; 2 Klaus Schwarzkopf „Unser Kahlgrund 2020“, S.25; 3 Emil Griebel: Chronik des Marktes Mömbris. ORT 1978, S. 60-61; 4 Jöckle, Clemens: Das große Lexikon der Heiligen. Karl Müller Verlag. Erlangen, 1995.